Der Mensch als ζῶον λόγον ἔχων nach Aristoteles, d.h. als mit Sprache begabtes Wesen, nimmt durch seine Sinne und seine Vernunft die ihn umgebende Welt wahr. Die objektive Welt der res, sei es Meere, Berge, Menschen oder Dinge, stellen sich ihm auf eine bestimmte Art und Weise als Ausdruck seiner Weltsicht (δόξα nach Isokrates) dar. Als Orator präsentiert er in seinen verba seine Weltsicht. Doch diese verba als Rede sind auf einen Rezipienten gerichtet, der seine eigene Weltsicht hat, die im Adressatenkalkül des Orators berücksichtigt wird (decorum orationis). 

Wenn der Orator mit seinem Anliegen nach außen tritt, vertritt er also seine subjektive Weltsicht in seinen verba. Diese sind zwar auf einen Rezipienten gerichtet, doch weisen sie auch auf den Orator selbst zurück, sind sie doch Ausdruck seiner selbst (decorum vitae). Wie der Rezipient diese verba aufnimmt, ist abhängig von der rhetorischen Strategie des Orators über das Adressatenkalkül, welches die Angemessenheit an die gegebene Situation sicherstellt (decorum orationis). Angemessenheit bedeutet, dass das Anliegen des Orators und die linguistischen Kodes an das situative Kommunikationsgeschehen angepasst sind. Was genau je angemessen ist, was im Moment der Rede geboten ist, ergibt sich aus dem Urteil von Orator und Rezipient in ihrer Eigenschaft als Kommunikatoren.