Im Rahmen des persuasiven Kommunikationsmodus ist das decorum zugleich Kriterium und Prinzip erfolgreichen, d. h. interaktiv-kooperativen Kommunizierens. Es ist Kriterium, da es als Garant für einen angemessenen linguistischen Code fungiert, und Prinzip in seiner Funktion als ethische Handlungsnorm. Beides zusammen ist Voraussetzung für einen erfolgreichen Sprechakt. (S. 227f.)

Das decorum wird nicht als konkret vordefinierte Urnorm für jede rhetorische Situation verstanden, sondern es muss jeweils neu situativ bestimmt werden. Infolgedessen weist es zwangsweise eine relationale Qualität auf, die sich aus der Situation und dem Urteil des Rezipienten ergibt. (S. 253f.)

Decorum wird als Teil der Rhetorik im Sinne eines zivilen Ethos zur ethischen Abgrenzung gegenüber Manipulation und Propaganda begriffen. (S. 255)


Das aptum bezieht sich auf die Sachangemessenheit (inneres aptum) und die Situationsangemessenheit (äußeres aptum) ¹ einer Rede. (S. 11)

Der Begriff des aptum wird im Sinne einer redeimmanenten Passung, beispielsweise in Bezug auf die Emotionen der Rezipienten, verstanden. (S. 255)


„Das im Moment des Sprechens für Redner und Zuhörer je situativ gemeinsam Akzeptierte an Werten und darauf abgestimmte Codes. Angemessenheit sichert in der Rhetorik einen Persuasionsvollzug insofern ab, als sie eine Basis von einem akzeptierten Ausgangszertum (AZ) und von Ausgangskodes (AK) (in Mikro- und Makrostrukturen) schafft, von dem sich die Persuasion prozesshaft fortentwickeln kann.²“


Die innere subjektive Überzeugung des Redners als Ausgangspunkt eines Persuasionsvollzuges.


Ein Code bezeichnet die rhetorische Sprachform, das Sprachverhalten und die rhetorische Art und Weise einer sprachlichen Mitteilung.

Aufgrund dieser Codes lässt sich der Stil als das je situativ Angemessene verstehen.“ (S. 221)

Es gibt „stilistische Codes der Sachbezogenheit (aptum) einerseits und der Gesellschaftsethik (decorum) andererseits. (S. 224)


Norm meint primär eine gesellschaftliche Norm, die das erwartbare, angemessene Verhalten aller in der Gesellschaft Beteiligten beschreibt und bei Devianzen Sanktionen vorgibt. (S. 256)


πρόσωπον ist mit Platon (Alkibiades I, 130e3-5) das Antlitz, das im Kontrast zur Seele (ψυχή) steht. (Es ist jedoch nicht das gezeigte Antlitz, an welches eine Rede gerichtet wird, sondern die Seele des Menschen laut Sokrates.) Aristoteles bezeichnet damit die Maske in der Komödie (Poetik, 1449a36).

Persona ist eine rhetorisch generierte Größe, die dazu dient, einen bestimmten Charakter oder eine soziale Rolle durch einen Text zu gestalten. (Ist jedoch zu unterscheiden vom Orator und vom Ethos). Cicero entlehnt den stoischen Terminus in De officiis von Panaitios und beschäftigt sich „mit der psychisch komplexen Persönlichkeit des Menschen, wenn er die Stratifikation von verschiedenen Rollen (personae), die jeder Mensch in seinem Leben spielt, untersucht und bestimmt.“ (S. 104)


Der Unterschied von Wissen a priori und a posteriori bezieht sich auf die Unterscheidung von Urteilen (ob ein Urteil wahr oder falsch ist), während der Unterschied von analytisch und synthetisch sich auf die Beziehung von Begriffen (Subjektsbegriff A / Prädikatsbegriff B) bezieht.

Wissen a priori bezeichnet Wissen, das unabhängig von äußeren Erfahrungen gewonnen wird → Wissen durch Vernunft (vor jeglicher Erfahrung)

Empirisches Wissen bezeichnet Wissen, das aus der Erfahrung gezogen wird, wie von den Sinneseindrücken und empirischen Fakten → Wissen durch Erfahrung (Kant nennt dies “a posteriori”, was “nach” or “in” einer Erfahrung bedeutet.3

Zur Unterscheidung von a priori und angeborenem Wissen: Ersteres wird nicht aus der Erfahrung abgeleitet, sondern vom Denken allein, doch letzteres ist das Wissen, mit dem wir geboren werden, wie z.B. Platons “Ideen” oder Chomskys “Universalgrammatik”. Dadurch ist angeborenes Wissen immer a priori.

Kants Definition von “synthetischem Wissen a priori”: Diese Art von Wissen ist in den Naturwissenschaften vertreten, wenn ein Wissenschaftler über die Empirie hinaus geht. Es beschreibt Wissen, das durch das Prädikat B gewonnen wurde, das nicht logisch im Subjekt A schon enthalten ist (synthetisch) und allein durch Gedanken gewonnen wurde und nicht durch den Beweis empirischer Daten zum Beispiel. Menschen denken, indem sie Wahrnehmungsformen und Kategorien (Qualität, Quantität, Relation und Modus) verwenden.


Etymologisch setzt sich παρρησία aus πᾶν (alles) und ῥῆσις (das Reden/Sprechen) zusammen und kann somit als das „Recht, alles zu sagen” übersetzt werden.

Durch seine weit verbreitet Verwendungsweise im klassischen Griechisch von Euripides, Aristophanes, Aischylos bis in die Moderne mit Foucault lassen sich allerdings Bedeutungsnuancen unterscheiden. Bei Aischylos und Platon bezeichnet es eine „freche Rede”4, aber auch im Sinne von „freie Rede” ist es in Bezug zur Wahrheit bei Platon und Aristoteles zu finden (im Sinne von Wahrsprechen).5

Nach Foucault ist derjenige, der παρρησία anwendet, jemand „who says everything he has in mind: he does not hide anything, but opens his heart and mind completely to other people through his discourse.”6


Direkt übersetzt bedeutet εὐδαιμονία „ein guter Geist”, abgeleitet vom altgriechischen εὖ für „gut/recht” und δαίμων für „Geist, Gott oder Glück”.

Ein δαίμων ist ein göttliches Wesen im Altgriechischen, eine Art Schutzengel. Folglich ist ein εὐδαίμων ein Wesen, das die Götter auf seiner Seite hat.

Nach Aristoteles ist die εὐδαιμονία „ein Vollendetes und sich selbst Genügendes, da sie das Endziel allen Handelns ist.”7 Sein Leben danach auszurichten und zu handeln, ist des Menschen eigentümliches ἒργον (Werk) (I, 6) und ein glückseliges Leben (X, 7, 1178a5f.).


Qualia sind mentale Zustände, die unser phänomenales Bewusstsein konstituieren, ohne eine funktionale (kausale) Rolle zu haben. Aufgrund ihres intrinsischen und irreduziblen Wesens sind sie nur durch Introspektion zu erfahren und folglich privat. Damit entziehen sie sich jeglicher Form physischer Erklärung in einer objektiven Perspektive (,was David Chalmer’s das “hard-problem” nennt)8.
Mentale Zustände sind von Zuständen des Gehirns zu unterscheiden: Mentale Zustände als qualia sind von repräsentativem und internationalem Gehalt, während Zustände des Gehirns die neuronale Aktivität des Gehirns beschrieben.
Beispiele für qualia sind: das Sich-Verlieben, den Regen zu riechen oder die Lust auf Eiscreme.


Die Extension eines Wortes ist ein Satz an oder eine Kategorie von Dingen, auf welche sich der bezeichnete Begriff bezieht und sich erstreckt. Es beschreibt den Umfang, in welchem der Begriff in der Welt verwendet werden kann.


Die Intension eines Begriffes bezeichnet den inwendigen Inhalt des Begriffes. Es umfasst die Attribute, Eigenschaften oder die Qualität eines Begriffes, die in seiner Definition konnotiert sind.

„It is an old dispute whether formal logic should concern itself mainly with intensions or with extensions. In general logicians whose training was mainly philosophical have decided for intensions, while those whose training was mainly mathematical have decided for extensions.”9


Mit der Unterscheidung von Akt (ἐνέργεια) und Potenz (δύναμις) reagiert Aristoteles auf die Vorstellung der Eleaten, die ein Werden aus Sein oder Nicht-Sein ablehnen und nur Sein als solches gelten lassen (Physik I, 8): Ein Sein kann nicht aus einem Sein entstehen, denn es ist ja schon. Und ein Sein kann nicht aus einem Nicht-Sein entstehen, denn aus nichts kann nichts werden. Dem widerspricht Aristoteles, der Werden aus Seiendem oder Nichtseiendem zum einen als eine Wirklichkeit und zum anderen als eine Möglichkeit postuliert: Das Grundbegriffspaar von Sein als Akt und Potenz ist geboren.

In seiner Metaphysik IX, 6 fragt sich Aristoteles, wie die wirkliche Tätigkeit ist und wie sie beschaffen ist. Worin besteht der Unterschied zwischen “sehen” und “gesehen haben” oder zwischen einem Holzblock und einer daraus geschaffenen Figur?

Akt                            Potenz

Wirklichkeit                Möglichkeit / Vermögen

Form                          Materie

Bsp: Sehen                Gesehen haben

        Holzfigur            unbehandelter Holzblock

Der Akt oder in der Scholastik „actus secundus” bezeichnet die vollzogene Tätigkeit als Verwirklichung des Vermögens, während die Potenz das Vermögen oder die Möglichkeit repräsentiert. Der Akt (lat. agere / actus) verwirklicht eine angelegte Fähigkeit, d.h. er aktualisiert, was er aufgrund der Potenz (lat. posse / potentia) ist. Veränderung und Werden ist nach Aristoteles ein Übergang von Potenz (Holzblock) zu Akt (Holzfigur durch Künstler verwirklicht).

Sein

Potenz   Akt

Kategorien


¹ Heinrich Lausberg: Handbuch der literarischen Rhetorik. §§1055-1062.

² Sophia Vallbracht: Die normative Kraft des Decorum. S. 250.

3 Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft. B1, 2.

4 Aischylos: Fragment 11a2-3 und Platon: Gesetze. II, 671b 3-8.

5 Platon: Politeia 557b und Aristoteles: Nikomachische Ethik. 1124b29.

6 Foucault, Michel: "The Meaning and Evolution of the Word Parrhesia”, in: Discourse & Truth: the Problematization of Parrhesia. 2001, S. 12.

7 Aristoteles: Nikomachische Ethik. I, 5, 1097b21f.

8 David J. Chalmers: "Consciousness and Its Place in Nature", in: Philosophy of Mind. Classical and Contemporary Readings. 2002, S. 247.

9 Bertrand Russell und Alfred North Whitehead: Principia Mathematica. Bd. 1, III, S. 72.