Bereits frühere Denker wie Platon, Aristoteles oder Thomas von Aquin haben metaphysisch über die Seele und die Beziehung zwischen Geist und Körper reflektiert, aber es war der französische Philosoph René Descartes, der ein besonderes Konzept des Leib-Seele (respektive Geist) - Dualismus in die frühe moderne Philosophie einführte. Dieser Artikel hat es sich zum Ziel gesetzt, Descartes’ Dualismus darzustellen, der davon ausgeht, dass Körper/Leib und Geist/Seele zwei unterschiedliche Subtanzen sind (Substanzdualismus).

Zu Beginn seines Discours de la Méthode drückt Descartes seine Enttäuschung über die philosophische Lektüre aus, da es für ihn keinen einzigen, unbestrittenen Satz in der Philosophie gibt, der zweifellos akzeptiert werden kann.1 Aufgrund dieser Erfahrung entwickelt er seine Leitfragen: Was kann ich sicher wissen?2 Was ist es, das ich nicht anzweifeln kann, sei es im Wach-, Schlaf-oder Traumzustand? Sind es die Sinne (Körper), das Denken (Geist) oder gar mein Dasein? Mittels der Skepsis, die dem Zweifel zugrunde liegt, fragt er nach der Letztbegründung, die mir gestattet, etwas als unbestreitbar wahr anzunehmen. Das einzige, dessen Existenz er „klar und deutlich”3 erkennt, ist das Denken. Selbst, wenn alles menschliche Denken fehlgeleitet sein könnte, kann der Mensch doch sicher sein, dass er wirklich denkt. Dies ist sein erster Grundsatz a priori („Je pense donc je suis”), der durch mentale Überprüfung erworben wird und in dieser und jeder möglichen Welt gilt. Doch was meint Descartes mit „Ich” („Je”)? In seiner zweiten Meditation definiert er das „Ich” als „ein Ding, das denkt” oder „ein denkendes Ding” (res cogitans). Nach Descartes besteht der Mensch aus Geist (zweifellos) und Körper (zweifelhaft). Der Mensch ist beides – ein geistiges (Psyche) und ein körperliches (Physis) Geschöpf mit je unterschiedlichen, essentiellen Eigenschaften: Die essentielle Eigenschaft des Geistes ist, dass er eine res cogitans ist, was der notwendige Grund ist, um die Wahrheit zu erkennen. Descartes leitet dessen immaterielle Natur gemäß seiner vom Körper verschiedenen Wesensart ab. Er ist unteilbar und privat, da nur die Person, in deren Körper der Geist zuhause ist, die Funktionsweise des eigenen Geistes erfahren kann. Folglich gibt es einen subjektiven Zugang zum Geist aus der Perspektive der ersten Person.
Der Körper wiederum ist eine Substanz, die sich räumlich ausdehnt (res extensa). Er hat eine bestimmbare Form und einen Ort4 und kann mit den Sinnen wahrgenommen werden. In Anbetracht seiner materiellen Natur ist er veränderlich, was bedeutet, dass seine Gestalt flexibel ist und sich deshalb je nach äußeren Bedingungen oder Ursachen ändern kann. Diese körperliche Natur kann von außen erfasst werden, demzufolge gibt es einen öffentlichen Zugang dazu.
Doch wie sind diese beiden unterschiedlichen Substanzen miteinander verbunden? Descartes behauptet in Die Leidenschaften der Seele, dass der Geist zwar mit dem ganzen Körper verbunden ist, doch gibt es eine kleine Drüse5 im Gehirn, in welcher die Seele (Descartes’ Synonym für Geist, Discours 4, 2) ihre Funktionen insbesondere ausübt als in den anderen (Körper-)Teilen.6

Die letztlich unaufhebbare und unhintergehbare Wechselbeziehung als Dualismus von Körper und Geist stellt uns vor das Geheimnis des menschlichen Lebens und bleibt das Rätsel unserer Existenz: Der Geist kann alles erklären, doch was, wenn er sich selbst nicht begreifen kann?


1 René Descartes: Discours de la Méthode. 1, 12.

2 René Descartes: Meditationes de prima philosophia. II.

3 René Descartes: Discours de la Méthode. 1, 2.

4 René Descartes: Meditationes de prima philosophia. II.

5 Descartes überlegt sich, wie die beiden Einheiten (Leib-Seele) miteinander agieren. Er sucht nach einem winzigen Teil, durch welchen der Geist vom Gehirn affiziert (bewegt) wird. Wie kann die Seele den Körper zu willentlichen Handlungen bringen? Diesen Ort der Wechselwirkung sieht Descartes in der Zirbeldrüse, die sich im menschlichen Zwischenhirn befindet. Insofern ist die Drüse nach Descartes eine Art Seelenorgan, die Einfluss auf den Leib nimmt. Es ist also nicht das gesamte menschliche Gehirn, sondern die Drüse, die Descartes zum primären Sitz der Seele auserkoren hat.

6 René Descartes: Die Leidenschaften der Seele. 31: „Qu’il y a une petite glande dans le cerveau en laquelle l’âme exerce ses fonctions plus particulièrement que dans les autres parties.”