Eines der berühmtesten Gleichnisse Platons ist das Höhlengleichnis in der Politeia. Dieses rhetorische Meisterstück beschreibt das Leben von Menschen, die in einer Höhle wohnen und die Schattenbilder von Dingen für wahr halten und dadurch wirklicher Weisheit entgehen. Sein Gleichnis ist das Folgende:

Sokrates stellt sich eine Gruppe von Menschen vor, die seit ihrer Kindheit in einer Höhle wohnen und deren einzige Lichtquelle ein Feuer über und hinter ihnen ist. Sie sind aneinander gekettet und können daher ihren Kopf nicht drehen. Alles, was sie sehen können, ist die Steinmauer vor ihnen, auf welcher sie Schatten von Menschen und Gegenständen sehen können, die auf dem Weg hoch über ihnen getragen werden. Weder die Menschen oder die Dinge, noch die Welt außerhalb der Höhle kann von den Gefangenen gesehen werden. Auf diese Weise halten die Menschen unter der Erde die Schatten auf der Wand für echte Gegenstände, da sie nie die wirkliche Welt außerhalb der Höhle gesehen haben.

Platons Höhlengleichnis veranschaulicht, wie Menschen zur Wahrnehmung der Welt gelangen, wie sie Überzeugungen entwickeln und Erkenntnis gewinnen. Jedoch unterscheidet Platon im Höhlengleichnis zwischen der Welt des Glaubens (Gefangene in der Höhle, die nur Schatten sehen) als dem sichtbaren Bereich und der Welt der Weisheit als dem intelligiblen Bereich der Ideen. Die Allegorie im Einzelnen:

  • die Gefangenen: das sind wir, die Menschen
  • die Schatten an der Wand: unsere Überzeugungen aufgrund von Wahrnehmung
  • die Tatsache, dass sich die Gefangenen nicht bewegen können: Wir werden von unserer eigenen Wahrnehmung begrenzt und können nicht hinter das Sichtbare schauen
  • die Tatsache, dass der Aufstieg wehtut: Erkenntnis zu gewinnen schmerzt, da wir Überzeugungen loslassen müssen, die sich als falsch herausgestellt haben und wir unser Unvermögen zu sehen anerkennen müssen

Diese Allegorie geht auf die Frage ein, wie wir die Wahrheit erkennen können. Ergibt sich Wahrheit aus empirischen Beweisen (Sinnen) oder aus der philosophischen Reise (Geist)?

Jahrhunderte später sollte der große Augustinus Platons Höhlengleichnis umdeuten zu einem Bergaufstieg, der den Schmerz und die Mühsal bei der Erkenntnisgewinnung symbolisiert. Während die Philosophie oben am Berg endet, geht die Theologie jedoch nach Augustinus weiter, da der Glaube für ihn vor dem Wissen kommt.

Dies ist, was ich dem Höhlengleichnis entnehme: Wissen und Weisheit sind schwer zu erlangen und manchmal sogar schmerzhaft, da sie uns über das Sichtbare, das Verifizierbare hinaus und an die Grenze unseres menschlichen Erkennens führen.