Die drei Kernbereiche der Philosophie Metaphysik, Ontologie und Erkenntnistheorie beschäftigen sich mit der Frage, wie Wissenschaft philosophisch zu verstehen ist und unter welchen Bedingungen der Mensch Wahrheit erfahren kann, bzw. zu welcher Erkenntnis der Mensch fähig ist. Während der Begriff der Metaphysik in der Antike geprägt wurde, taucht der Begriff der Ontologie zuerst im 17. Jahrhundert bei Rudolf Goclenius auf, der ihn von der Metaphysik trennte. Die Erkenntnistheorie hat ihren Anfang ebenfalls in der Antike (Sokrates, Platon), beschäftigte Kant als „transzendentale Erkenntnis” und erfährt eine Erweiterung in der Moderne mit Peirce und Husserl.

  1. Metaphysik

„Der Mensch ist ein animale metaphysikum.” Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung. II, 17.

„[...] was nämlich das Seiende sei, bedeutet nichts weiter als, was das Wesen sei [...]”. Aristoteles: Met. VII 1, 1028b2-4

Der Terminus Metaphysik leitet sich aus dem Altgriechischem τὰ μετὰ τὰ φυσικά ab, was wörtlich übersetzt bedeutet „das, was nach oder jenseits der Physik ist”. Ursprünglich stammt die Bezeichnung “Metaphysik” wohl von Andronikos von Rhodos, der im 1. Jahrhundert v. Chr. die Werke des Aristoteles katalogisierte und seine Schrift über Sein, Substanz und Kausalität örtlich nach der Schrift Physik einordnete: μετά φυσικός. Es ist sowohl eine bibliographische Bezeichnung, als auch eine philosophische, da die Metaphysik ihrem Inhalt nach jenseits des Physischen als der körperlichen Erfahrungswelt zu verorten ist: μετά meint hier “transzendent”. In diesem Sinne sind nach Platon die Ideen zu verstehen, die unvergänglich sind und über die Physik hinausgehen.

Nach Aristoteles ist die Metaphysik die Lehre vom Seienden als Seiendem (ὄντως ὄν). Es geht um das eigentlich Seiende, um seine Eigenschaften, durch die es ist. Darunter sind nicht einzelne Seinsbereiche gemeint (Einzelwissenschaften), sondern das Sein als solches: Metaphysik als Universalwissenschaft, als erste Philosophie, da sie die fundamentale Erforschung der ersten Prinzipien und Ursachen ist. Sie erforscht die Wirklichkeit.

  1. Ontologie

Ontologie ist die Unterdisziplin der Metaphysik als deren prominenter Teil, weil sie die Lehre vom Sein ist (ὄντος λόγος). Sie ist die kategoriale1 Struktur des Seins und wird im 18. Jahrhundert von Alexander Gottlieb Baumgarten auch als metaphysica generalis bezeichnet, während die rationale Theologie, Psychologie und Kosmologie unter die metaphysica specialis fällt.

Jeder Mensch hat eine subjektive „ontologische Liste”2 von den Dingen, die für ihn wirklich existieren. Der Eine mag an Aliens glauben, der Andere an Gott. So stehen Aliens bei Person A auf dessen ontologischer Liste, während Gott bei Person B auf der Liste steht. Sowohl Aliens als auch Gott sind nicht physische, sondern theoretische Wesen.

An dieser Stelle setzt Kants kopernikanische Wende an, wenn er das Erkennen des Menschen als einen Formungsprozess des zu Erkennenden bestimmt und der Mensch so Gegenstände der Erkenntnis selber im Denken erzeugt. Im Subjekt liegen die Voraussetzungen von Erkenntnis. Mittels Kategorien und über die Anschauungsformen von Raum und Zeit führt das Subjekt die Erscheinung zu einer Erkenntnis zusammen. Folgerichtig ist für Kant das Subjekt der Ausgangspunkt der Ontologie. Das erkennende Subjekt erschafft den Gegenstand der Erkenntnis.

Heidegger führt in seinem Hauptwerk Sein und Zeit (§4, S.1) die Unterscheidung ontisch – ontologisch ein, indem er „ontisch” als die konkrete Bestimmtheit einer Sache oder das faktische Sein in Raum und Zeit (Sein) und „ontologisch” als das metaphysisch Zugrundeliegende (Seiendes) definiert. Daraus folgt, dass das ontologische Sein dem ontischen Sein zugrunde liegt. Dies ist die sogenannte „ontologische Differenz”3 nach Heidegger.

  1. Erkenntnistheorie

Die Erkenntnistheorie oder Epistemologie (ἐπιστήμη bedeutet Wissen, Einsicht, Wissenschaft) beschäftigt sich mit Fragen über unser Wissen von Wirklichkeit und über die Struktur von Erkenntnis, wie deren Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen. Woher wissen wir, was wir zu wissen meinen? Und ist die allgemeine Proposition, die Wissen dem wahren Glauben gleichsetzt, gerechtfertigt? Oder wie es Kant in KrV, B 833 formuliert: Was kann ich wissen? Was sind die Quellen der Erkenntnis? Der Geist, das Denken oder die Erfahrung? Gemäß dem Rationalismus (Platon und Descartes) ist uns Wissen angeboren (Ideen), während der Empirismus (Locke und Hume) die Meinung vertritt, dass alles Wissen aus der Erfahrung stammt (Doktrin der tabula rasa). Aristoteles widerspricht Platons radikalem Rationalismus und bestimmt den Menschen als Sinneswesen, der Eindrücke sammelt und diese mithilfe der Vernunft ordnet. Er kritisiert Platons Ideenlehre als „leere Phrasen” und „poetische Metaphern”.4


1 Aristoteles führt zehn Kategorien oder logische Grundbegriffe ein, um die Seinsdifferenz zu klassifizieren: Substanz – Quantität –Qualität – Relation – Ort – Zeit – Lage – Haben – Tätigkeit – Leiden.

2 Marianne Talbott: “Possible Worlds Theory”, under: https://mariannetalbot.co.uk/2014/10/23/possible-worlds-theory/; last access: 17.10.2022.

3 Heideggers Vorlesung im Sommersemester 1941 mit dem Titel Grundbegriffe (GA 66,99).

4 Aristoteles: Metaphysik. I, 991a20.